‚Zip-Cord' auch Zwillingslitze oder ‚Twisted-Pair Kabel', als symmetrische Speiseleitung, geht denn das? zurück
 
verdrillte Feederleitung ...
 
Projekt: Verdrillte Feederleitung zum Antennenbau, geht denn das?
Kontakt: DL2LTO
 
Einleitende Worte
 
Wenn du mal schnell deine QRP-Portabeltechnik in den Garten oder auf die grüne Wiese im Stadtpark bzw. zu einer Bergaktivierung mitnimmst, soll das Gepäck leicht und klein sein und schnell und unkompliziert aufgebaut werden können. Dazu gehört auch die Antenne, für Kurzwelle bevorzugt eine Drahtantenne.
Was liegt näher, als mit verschiedenen preiswerten und überall verfügbaren Materialien zu experimentieren. Die Wahl fiel auf ‚Zwillingslitze'. Auch Reste von Twisted-Pair Litzen werden oft im QRP-Portabelbetrieb als Speiseleitung verwendet. Es gibt aber zu dieser Art Leitungsführung nicht sehr viele Informationen und vor allem wenige praktische Erfahrungsberichte.
Twisted-Pair Netzwerkkabel kann auch als leichte, ‚verlustarme' Speiseleitung für den portablen Einsatz im QRP-Betrieb verwendet werden. Zu Impedanz und Verlust gibt es verschiedene Aussagen. Tendenziell ist von 100 bis 120 Ω Impedanz auszugehen. Aber dazu weiter unten mehr.
Blickt man noch weiter zurück, in die Anfänge der Röhrentechnik, fertigte man eine unabgestimmte Speiseleitung auch aus verdrillter Doppelgummiadernlitze.
Zip-Cord, ein mit einem Reißverschluss vergleichbares Kabel bekommst du in jedem Baumarkt zu kaufen. Das sind zwei isolierte Litzenkabel, mittig verschweißt und parallel verlaufend. Es findet in der Elektrobranche bei Lampen und kleineren Geräte Verwendung und ist somit überall verfügbar, leicht zu verarbeiten, nicht teuer und auch relativ leicht. Das sind einige Gründe, warum diese Kabelausführung gern für portable Antennen aus 'einem durchgehenden Draht' verwendet wird. Strahler und Speiseleitung aus einem 'Guss'.
 
Litzenauswahl
 
Ein Dipol besteht im einfachsten Fall aus den zwei Dipolschenkeln als Strahler und der Speiseleitung. Bei der Herstellung eines Dipols aus Zwillingslitze wird einfach an einem Ende mittig die Isolation eingeritzt und beide Kabelenden langsam auseinandergezogen. Diese beiden Enden bilden die Strahler- oder Dipolhälften. Der verbleibende Rest ist ja noch ‚zusammengeschweißt' und übernimmt die Aufgabe der Speiseleitung.
Mit einem Kabelbinder oder Elektrikerknoten ist der Verzweigepunkt zu arretieren. Sonst dröselt die Zwillingslitze immer weiter auf und die Strahlerhälften werden immer länger. Das muss aber vermieden werden!
Die Antenne kann auch aus zwei Litzendrähten gefertigt werden, wobei der als Speiseleitung benutzte Teil verdrillt wird.
Im unteren Bild eine kleine Auswahl verschiedener Zwillingslitzen. Rechts eine verdrillte Litze.
 
Auswahl verschiedener Zwillingslitzen ...
 
Zwillingslitze mal im Querschnitt zu sehen.
 
Querschnitt-Zwillingslitze ...
 
Wenn ein ganz bestimmtes Band erfasst werden soll, ist die Länge der Dipolhälften nach der bekannten Formel grob zu berechnen. Aber bitte etwas länger lassen, um später auf die gewünschte Resonanzfrequenz abzustimmen. Bei Mehrbandbetrieb, siehe beiabgestimmten Antennen.
Der Übergang der Speiseleitung zu den beiden Strahler Elementen wird oft mit einen ‚Elektriker-Knoten' realisiert. Alles aus demselben Kabel. Keine Kontaktübergangsstellen und kein Löten. Das ist sehr vorteilhaft!
 
"Elektrikerknoten"
 
Der Knoten ist leicht zu ‚flechten'.
Zuerst den rechten [roten] Leiter nehmen, um eine Schlaufe zu legen und den Leiter hinter der Speiseleitung nach links führen. Dann den [schwarzen] Leiter hinter den linken [roten] Leiter führen und nach rechts über die Speiseleitung durch die bereits mit dem [roten] Leiter gebildete Schlaufe fädeln. Voila, das war's.
 
Elektrikerknoten ...
 
Aber wie effizient ist eine solche Zip-Cord Antennenspeisung?
 
Stellst du diese Frage mehreren Amateuren, so bekommst du wahrscheinlich Antworten wie; "Verschwende nicht deine Zeit und dein Geld für so ein Gebilde." oder "Es lohnt sich nicht …" bis zu "Ja, es ist ein sehr gutes Antennensystem!" Nun bilde dir selbst ein Urteil, schwierig.
Ein paar Fakten zu den HF-technischen Eigenschaften müssen her.
- Wie groß ist der Wellenwiderstand des Kabels?
- Hat das SWR Einfluss auf die Leistungsfähigkeit einer solchen Antenne?
- Wie hoch sind die dielektrischen Kabelverluste?
- Wie lang ist die Speiseleitung bei welcher Frequenz?
Die parallele ‚Litzenleitung' setzt sich aus vielen kleinen Induktivitäten [Reihenschaltung] und vielen kleinen Kapazitäten [Parallelschaltung] zusammen. Hinzu kommen noch der reine Leitungswiderstand und ganz wichtig, der Isolationswiderstand.
Der Wellenwiderstand ist unabhängig von der Länge des Kabels und ist auch unabhängig von der Frequenz. Hier eine einfache Methode, wie du den Wellenwiderstand eines vorhandenen Kabels ohne teure Messmittel bestimmen kannst. Du musst dazu Kapazitäten im pF - Bereich und Induktivitäten im µH - Bereich messen können.

Nimm ein Stück Kabel, von dem du den Wellenwiderstand bestimmen möchtest.

Induktivität L [µH] der Leitung messen, dazu das Ende der Leitung kurzschließen.
Kapazität C [pF] der Leitung messen, dazu das Ende der Leitung offen lassen.
|Z| = Wurzel [L/C]
Beispiel:
ca. 1,5 m Zwillingsleitung, Netzflachkabel 
L = 1,14 µH
C = 64,5 pF
Z = Wurzel [17675] = ca. 133 Ω

Das ist eine theoretische ‚ungefähre' Berechnung, die aber schon mal einen ersten Hinweis auf das Kabel liefert.
Der Wellenwidestand ist doch sehr unterschiedlich und nicht standardmäßig wie beim Koaxkabel.

Und wie groß ist der Verkürzungsfaktor der verdrillten Feederleitung? Du nimmst wieder ein abgemessendes Stück vom verdrillten Kabel. Ein Ende bleibt offen. Am anderen Ende wird der vektorielle Netzwerkanalysator angeschlossen und die Eingangsimpedanz von 1 MHz bis 35 MHz durchgewobbelt. Die Kabelresonanzen bei λ/4 oder 3 λ/4 bzw. 5 λ/4 sind zu notieren.
Verkürzungsfaktor = Fn [MHz] x l[m] / 75 / n
n kann 1, 3, 5 7 ... sein
Beispiel:
mit n=1 und L=5 m:
VF = 10,3 x 5,0 / 75 / 1 = 0,69


Eine Zweidraht-Leitung besteht aus zwei geraden Leitungen die parallel nebeneinander laufen und mit Dielektrikum Luft oder einem beliebigen Isolierstoff voneinander getrennt sind. Das gilt auch für zwei verdrillte Leitungen [Twisted-Pair]. Luft als Dielektrikum ist in diesem Fall nicht zu realisieren.
Und was ist mit den Dämpfungswerten bei verschiedenen Frequenzen einer solchen ‚Gummileitung'? Sie ist ja nicht speziell für HF Anwendungen konzipiert worden.
Du rollst einige Meter von der Rolle des handelsüblichen Kabels ab. Damit soll vermieden werden, dass sich die Induktivität zwischen den Windungen im aufgewickelten Zustand auf die Messungen auswirkt. Mit einer HF-Impedanz-Messbrücke werden Messungen auf der Leitung durchgeführt. Du machst das im Bereich von 1 MHz bis 30 MHz. Das jeweils andere Leitungsende ist einmal offen [Induktivität messen] und einmal geschlossen [Kapazität messen]. Die Messwerte liefern mit ein wenig Rechnerei ein einigermaßen belastbares Ergebnis, womit die HF-technischen Kabeleigenschaften bei verschiedenen Frequenzen bewertet werden können. Kabelverluste nehmen mit höheren Frequenzen und hohem SWR zu!
Wieviel Leistung geht im verdrillten Kabel verloren? Bei ca. 1 dB sind es bereits 20% und bei 3 dB 50% Verlust.

Dämpfung bei   50 m  25 m  10 m
1,8 MHz  0,8 dB   0,4 dB   0,17 dB 
3,5 MHz  1,2 dB   0,6 dB   0,2 dB 
7 MHz  2,8 dB   1,4 dB   0,6 dB 
14 MHz  6,4 dB   3,2 dB   1,3 dB 
21 MHz  9,3 dB   4,7 dB   1,9 dB 
28 MHz  12,3 dB   6,2 dB   2,5 dB 

Die Dämpfungswerte in dem rechts abgebildeten Diagramm beziehen sich auf eine Kabellänge von ca. 30 m und sind als Orientierungswerte zu sehen.
Wenn die Litzenleitung nicht zu lang ist, kann diese bis etwa 14 MHz verwendet werden. Auf höheren Bändern steigen die Verluste zu stark, aber zur Not geht es auch.
  Diagramm der Dämpfungswerte ...

Bei Verlusten unter 2 dB kann ein Auge zugedrückt werden, aber bei deutlich darüber ist schon Achtung geboten. Mit 3dB sind schon mal die Hälfte der erzeugten Energie futsch und das bei QRP. Du willst ja Leistung abstrahlen. Aber im praktischen Funkbetrieb ist der Verlust einer S-Stufe kaum warnehmbar.
Denke aber auch daran, das Lampen- bzw. Lautsprecherkabel hat eine Gummiisolierung und ist für 50 Hz konstruiert worden!

Welche Isolationsmaterialien für die einzelnen Kabel verwendet wurden, ist sehr unterschiedlich. Meist unbekannt und für eine HF-Anwendung oft nicht zu gebrauchen. Aber dieses Isolationsmaterial hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Verluste, was im Verlustfaktor ausgewiesen wird. Der dielektrische Verlustfaktor ist ein Maß dafür, welche Energiemenge ein Isolierstoff im HF-Feld absorbiert und in Verlustwärme umwandelt.
Werkstoffe mit hohem Verlustfaktor eignen sich nicht als Isolierstoff bei Hochfrequenzanwendungen. HF regiert hier anders als Gleichstrom! Einen vollständigen Isolator gibt es nicht, obwohl Luft schon sehr gut isoliert. Wir haben aber KEINE Luft bei der Zip-Cord Speiseleitung.
Hier sind mal Verlustfaktoren bezogen auf 1 MHz für verschiedene Materialien aufgeführt

- PVC Dielektrikum    0.016
- Teflon Dielektrikum 0.0002
- Luft Dielektrikum   0

Nun kommt noch das SWR ins Spiel. Gibt es stehende Wellen aufgrund von Fehlanpassungen mit hohem SWR, spielt der Verlust im Feeder eine wesentliche Rolle.
Ein SWR von 1 gaukelt uns meist was vor, denn wertvolle HF wird im Kabel verheizt. Ein erhöhtes SWR kann nur 'vernachlässigt' werden, wenn die Feederleitung fast 'verlustarm' ist.
Das Geheimnis ist die praktisch verlustfreie symmetrische Speiseleitung, mit Luftdielektrikum!

Im unteren Bild, eine echte Annecke-Hühnerleiter mit Luftdielektrikum und sehr geringen Verlusten! Aber sehr schwer und für eine portable Antenne ungeeignet.
 
Speiselleitung mit Luftdielektrikum ...

 

Bei einer Fehlanpassung entstehen Reflexionen. Die reflektierte Welle überlagert sich mit der hinlaufenden zu einer stehenden Welle. Bei diesem hin und her auf der Zuleitung verliert die reflektierte Welle aufgrund der Frequenz und den nicht unbeträchtlichen Kabelverlusten einen Teil der Energie. Denn nur der Rest wird abgestrahlt.
Und da liegt der Knackpunkt.
Deshalb kann auch ein hohes SWR bei einer fast verlustlosen offenen, symmetrischen Zweidrahtleitungen mit Luftdielektrikum vernachlässigt werden. Das liegt hier aber nicht vor!
Zum Verständnis 'Stehwellenverhältnis' hilft dir vielleicht dieser Bericht.Das Stehwellenverhältnis und seine Bedeutung.

 

Eine verdrillte Feederleitung ist nicht die schlechteste Lösung, schnell und unkompliziert QRV zu werden. Das bei Frequenzen bis etwa 14 MHz. Trotz der Zusatzdämpfung mit steigender Fehlanpassung und Frequenz wird ein Großteil der am TRX erzeugten Leistung über die Antenne abgestrahlt. Mit etwas Experimentieren und den Einsatz eines kleinen Tuners kannst du natürlich weiter Optimieren.

 

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